NABU - Gruppe Ammersbek e.V.


Blutbuche angeblich bruchgefährdet

Unzureichende Baumgutachten mit teilweise falschen Aussagen

Der Investor möchte die doppelstämmige Blutbuche (dopBu) und die große Linde am Bahnhof Hoisbüttel entfernt haben, nur die Blutbuche am Bahndamm (BuamB) stört ihn nicht. Er hat für alle drei Bäume ein Gutachten in Auftrag gegeben, bei einem nicht öffentlich bestellten Sachverständigen (Forstwirtschaftler), der die Bäume in der ersten Maihälfte 2017 wie folgt begutachtete:

Für die dopBu wird im Gutachten die Fällung empfohlen, für BuamB und Linde Kronenpflege.

An der dopBu wurden weder an den Wurzeln noch am Stamm Faulstellen gefunden.  Aber das Gutachten geht "durch das Vorhandensein von Faulstellen und Rissen in der Gabel" "von einer "akuten Beeinträchtigung der Bruchsicherheit" aus und empfiehlt "die Fällung". Grundlage dieser Empfehlung ist eine "Inaugenscheinnahme" und vor allem eine einzige schalltomographische Aufnahme in 1,30 m Stammhöhe.

 

Kritik des NABU nach Rücksprache mit anerkannten Baumsachverständigen an den Gutachten:

  • Die Gutachten leiden an dem grundsätzlichen Mangel, dass sie von dem Investor in Auftrag gegeben wurden. Eine Unabhängigkeit ist daher nicht garantiert*(Richtigstellung s. Fußnote).
  • Der beauftragte Gutachter ist nicht (wie in Hamburg inzwischen Voraussetzung) als Baumsachverständiger "öffentlich bestellt".
  • Wie im Gutachten richtig erwähnt, muss bei der Anwendung der Schallimpulstomographie von einem großen Unsicherheitsbereich ausgegangen werden. Der alleinige Messpunkt im Bereich des Zwiesels wird als unzureichend für die Beurteilung der Stammstabilität der dopBu angesehen. Es ist wahrscheinlich, dass das bildgebende Ergebnis der Beschallung durch die dortigen Verwachsungen mit abweichender Holzstruktur verfälscht ist.
    Die festgestellte Rissbildung in dem Bereich, wo die dopBu zweistämmig wird (Zwiesel), kann anhand der Bilddokumentation nicht als solche erkannt werden. Der „Riss“ stellt sich vielmehr als der für einen Zwiesel typischen Bereich der Verwachsung dar, wie er auch oberhalb der zweiten Gabelung zu sehen ist, wo er aber im Gutachten nicht als Riss bezeichnet wird.
  • Wenn Bäume mit V-förmigen Zwieseln (Druckzwiesel) auch als bruchgefährdeter angesehen werden als andere, so ist nicht generell von Standunsicherheit auszugehen, da Bäume das Problem mit Kompensationswachstum lösen. Auch bei Druckzwieseln gibt es stabile oder nur potenziell instabile Ausformungen, die mit Kronensicherung und/oder Entlastungsschnitt stabilisiert werden können.
  • Bei der BuamB hätte sich laut Tomogramm "Reaktionsholz (Farbe Blau) zur Stabilisierung der Bruchsicherheit gebildet. Das verschweigt das Gutachten aber bei der dopBu, obwohl viel mehr Blau auf deren Tomogramm zu sehen ist, sich also viel mehr Reaktionsholz gebildet hat. Bei der Linde hingegen, wo nur eine winzige Stelle blau ist, wird auf das stabilisierende Holzwachstum hingewiesen.
  • Obwohl bei der dopBu von einer "akuten Beeinträchtigung der Bruchsicherheit" ausgegangen wird, wird die Fällung nur "empfohlen". Vielleicht ist sie doch nicht so akut, sonst wäre der Gutachter wohl in der Haftung, falls sie demnächst auseinanderbricht.
  • Unüblich und fachlich nicht vertretbar ist die "Vorprüfung zum Artenschutz mit Artenschutzrechtlicher Einschätzung"  für die dopBu. Das Vorhandensein von kleineren Höhlungen und Spalten kann nicht durch die vorgenommene Sichtung seriös eingeschätzt und Aussagen über das Nichtvorhandensein von Fledermäusen oder anderen geschützten Tieren abgeleitet werden.
  • Obwohl eine Höhle in der dopBu ermittelt wurde, wird behauptet, dass der Baum für Fledermäuse, die alle "Höhlen und Spalten" bewohnen, keine "derartigen Habitatstrukturen" besäße. Eine alte Eiche in Ammersbek, bei der man das Einflugloch zur Höhle im Stamm von unten außen nicht sehen konnte, war ein wertvolles Fledermauswinter- und -sommerquartier. Hier hätte bei einer derartig oberflächlichen Artenschutzbetrachtung das Ergebnis genauso gelautet und eine Fällung hätte Dutzende Fledermäuse getötet und ihrer Wohn- und Fortpflanzungsstätte beraubt.
  • Die Behauptung "Unter den Vögeln tritt lediglich der kleine Buntspecht als potentieller Nahrungsgast auf" zeugt von fehlender Artenkenntnis.
  • Die Behauptung "Die Fällung kann aus artenschutzrechtlicher Sicht als zulässig angesehen werden" entbehrt jeder Grundlage und ist mit großer Wahrscheinlichkeit falsch.

Neue Kritikpunkte kamen Ende Juli hinzu, als auf Nachfrage des NABU bekannt wurde, dass es bereits eine Voruntersuchung der Bäume durch das Landschaftsarchitektenbüro gab. Diese begründete sich ebenfalls auf einer sogenannten Inaugenscheinnahme, dazu eine Vermessung der Bäume. Nur keine Schallimpulstomografie und kein Abklopfen mit dem Gummihammer, wie in dem vertiefenden, oben genannten Gutachten. In mehreren Punkten widerspricht diese Voruntersuchung dem vertiefenden Baumgutachten, nur bei der Blutbuche am Bahndamm kommen sie zun selben Ergebnis. Leider wurden diese Voruntersuchungen erst am Nachmittag vor dem Ortstermin den Politikern zu gestellt.

* De im Gutachten dargestellten und vom NABU aufgegriffenen Beauftragungszusammenhang stellt das Bauamt auf einen Ortstermin Ende Juli richtig: Die Unabhängikeit des Gutachter sei gegeben Er sei im Rahmen des B-Planverfahrens beauftragt worden, das Bauamt hätte der Investor-Architektin zwei Gutachter aus der Nähe genannt, einer hatte keine Termin, der andere wurde von ihr beauftragt.

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